• LEON SCHAAKE

    Vom Schwarzwald über die Alpen in den Himalaya – 02

Serie: Leon Schaake
Nr. 002

ADCO Freund aus Freiburg. Mitglied im DAV Expeditionskader. Wir begleiten Leon hier im Netz auf seinem Weg vom Schwarzwald über die Alpen in den Himalaya.

Neuschnee – Fluch und Segen zugleich

Manchmal kann mein Verhältnis zu Schnee dann doch etwas ambivalent sein. Klar geworden ist mir das mal wieder in der Vorbereitung auf die Expedition im kommenden Oktober. Zur Vorbereitung auf das uns bevorstehende klassische Bergsteigen in Nepal war ich mit Luis, einem Freund aus dem DAV-Expedkader, in Graubünden unterwegs. Unser Ziel war es, am Piz Cambrena einige kombinierte Routen und, sofern die Verhältnisse es zulassen, auch den Bumillerpfeiler in der Nordwand des Piz Palü zu klettern. Kurz bevor ich in den Zug gestiegen bin haben wir noch überlegt ob sich die lange Anreise für nur vier Tage wirklich lohnt: „Es hat schon viel Schnee und das Wetter ist auch eher durchwachsen, naja wir werden schon was klettern können oder?“. Kaum angekommen, schlugen wir unser Zelt direkt auf dem Gletscher in der wärmenden Sonne auf. Schnell fanden wir uns in der immer gleichen, fast meditativ wirkenden Routine wieder: Schneeschmelzen. Es ist schon immer wieder erstaunlich, wie viel Zeit das Wasserkochen für zwei Personen in einem kleinen Kocher braucht. Am nächsten Morgen starteten wir früh, doch kaum hatten wir uns auf den Weg gemacht, wurde klar: Der Neuschnee war ungesetzt, auch in der Nacht hat ein paar weitere Zentimeter geschneit. Für das Joos Couloir am Piz Cambrena hieß das in hüfttiefem Schnee spuren und auch die obligatorische Schneedusche bei -15°C durfte natürlich nicht fehlen.
Nach der Tour und einer Abfahrt durch perfekten Schnee ist uns die Entscheidung dann sehr leichtgefallen, an den kommenden beiden Tagen den Schnee mit Ski zu nutzen und nicht in bodenlosen Rinnen zu wühlen oder auf Graten den Fels zum Klettern und Absichern freizuschaufeln. Im Rückblick war das die absolut richtige Wahl, denn die Abfahrt durch das Buuch zwischen Bellavista und Piz Bernina war definitiv die beste im vergangenen Winter – 40 cm super Powder, der die angenehm steilen Hänge in ein Paradies für alle auf Ski verwandelte.

Risse voller Schnee – Vorbereitung auf die Abschlussexpedition

Im Mai führte uns unser Weg nach Chamonix, um als gesamtes Team das klassische Bergsteigen intensiv zu trainieren und uns optimal auf die bevorstehende Abschlussexpedition vorzubereiten. Leider präsentierten sich Wetter und Verhältnisse jedoch nicht ganz wie erhofft. Daher mussten wir unsere geplante Tour auf der Südseite des Mont Blanc verschieben und entschieden uns stattdessen die Dru Traverse klettern. Doch auch auf der Nordseite des Mont-Blanc-Massivs waren die Verhältnisse herausfordernd: Die Risse waren mit ungesetztem Schnee gefüllt und die Platten teils vereist. Schweren Herzens mussten wir den Versuch an der Dru abbrechen. Als Alternativprogramm konnten wir aber an dem „Diamant des Flammes de Pierre“ einige sehr gute Granitklettereinen genießen. Auch der Blick in Richtung Grand Jorasses, Dent de Geant, Mont Blanc und Mer de Glace sorgte für eine gute Stimmung, trotz des abgebrochenen Versuchs an unserem eigentlichen Ziel.

Am letzten Tag des Lehrgangs wurde dann nicht körperlich trainiert, sondern unsere Fertigkeiten in der Spaltenrettung aufgefrischt. Im Schneeregen suchten wir uns unter der Nordwand der Aiguille du Midi einen geeigneten Übungsplatz. Bei so unschönem Wetter war es doch sehr angenehm von Kopf bis Fuß in Gore Tex gepackt zu sein um das Wasser draußen zu halten. Das größte Learning für uns alle: Ein Steileisgerät als T-Anker (temporärer Fixpunkt für die Spaltenrettung) hält nicht besonders gut. Dann wohl doch lieber einen klassischen Eispickel oder einen Packsack. Nass, aber mit der Woche doch zufrieden, wurde der Rückweg nach Freiburg angetreten, wo das Zimmer in einen Trockenschrank umfunktioniert wurde, um die Ausrüstung wieder zu trocknen.

Infobox:

Ziel des DAV Expedkaders ist es über einen Zeitraum von drei Jahren junge AlpinistInnen in allen alpinen Spielarten auszubilden. Bei der Auswahl zählt natürlich das persönliche Können, aber auch Teamfähigkeit und der Wille sich weiterzuentwickeln sind fundamentale Bestandteile. Es gibt ein Männer- und ein Frauenteam, die antizyklisch in die dreijährige Ausbildung starten. Über die vergangenen 1,5 Jahre gibt es die aktuelle Arte Dokumentation „Klettern jenseits der Grenzen“ über unsere Gruppe.